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Klein aber fein

Das erste Flötenevent der New Flute Generation Switzerland vom 20.11.1999 in Boswil CH

von Mechthild Horn

Wohl jeder, der dabei war, erinnert sich noch gerne an das Europäische Flötenfestival Frankfurt (EFF) im März 1999, gab es doch die vielfältigsten Impulse und Anregungen für die eigene flötistische Arbeit. Dass dieses Festival eine Idee zur Folge hatte, deren Realisierung man unlängst miterleben konnte, ist in mancherlei Hinsicht bemerkenswert. Nach einem langen Festivaltag hatten Elisabeth Kindt, Stefan Keller und Jonas Lindenmann in einer Frankfurter Kneipe den Einfall, eine Reihe von Flötenevents zu jeweils speziellen Themen ins Leben zu rufen, wo sich Flötenprofis und Amateure, Kenner und Liebhaber begegnen können ( nicht zuletzt zwecks innovatorischer Belebung der Schweizer Flötenszene). Ein Name für diese neue flötistische Gruppierung war bald gefunden: New Flute Generation Switzerland.

Am 20.11.99 fand nun das erste dieser Events mit dem Thema “Flöte Solo" statt. Als Ort der Veranstaltung wurde die Alte Kirche in Boswil gewählt, frei nach dem Motto: "Boswil ist der Ort, das Neue zu versuchen, ohne vorschnell nach dem Gelingen zu fragen." (Günther Grass) Nicht zuletzt wird hiermit eine flötistische Tradition weitergeführt, die eng mit dem Namen Marcel Moyse verbunden ist.

Mit viel Engagement und Elan wurde ein Programm erstellt, welches in der Kürze der Zeit (13 - 22 Uhr) eine Fülle von musikalischen Inhalten bot: Zu Beginn einen Workshop über barocke und klassische Solostücke mit Alfred Rutz, anschlieþend einen Workshop mit Jonas Lindenmann über Avantgarde - Solostücke, gefolgt von einer Demonstration von Stefan Keller über seine "Electric Flute" (Besuchern des EFF dürfte dies bekannt vorkommen!). Abgerundet wurde das Programm durch einen Vortrag des Flötenbauers Ch. Gurtner aus Meilen über das Thema “Tune up the flute" und das Konzert der Referenten als krönenden Abschluss.

Ueber 40 Teilnehmer hatten sich eingefunden, eine beachtliche Resonanz auf dieses neue Angebot (Einige waren als Aktive angemeldet.)

Bei Alfred Rutz (AR), Soloflötist im "Orchestra Svizzera Italiana" im Tessin, ging es gleich mit der a - moll Partita von Bach los, mit der eine Teilnehmerin souverän und klangvoll den Anfang machte. Sie wurde gefolgt von einer jungen Studentin, die die Solosonate von Ch. P.E. Bach vortrug, anschliessend wurde Ibert`s “Pièce pour flute seule" dargeboten. In seiner ruhigen, freundlichen Art gab AR wesentliche Hilfen und Tipps, jeweils auf den flötistischen Stand der Spieler abgestimmt (leider ohne selbst die Flöte in die Hand zu nehmen). Er erklärte die Ausführung mancher Verzierung, gab rhythmische Hinweise und spornte alle Spieler zu viel mehr und deutlicheren dynamischen und agogischen Differenzierungen an. Ein wesentlicher Punkt war es ihm, immer eine "geschmackvolle Freiheit" im Tempo walten zu lassen. Es ist nicht ratsam, alles wie mit Metronom "abzuspulen", die gestalterischen Freiheiten, die man hat (mit gutem Geschmack!), muss man auch nutzen. Allerdings fehlte eine praktische Demonstration dessen, was ihm vorschwebte, da er selbst nichts vorspielte. So blieb sein Workshop etwas vage. Beim "Pièce" hatte er nicht viel zu verbessern, die Probandin lieferte einen ziemlich perfekten Ibert ab.

 

Alfred Rutz

 

Jonas Lindenmann

Bei Jonas Lindenmann (JL) wurde man in eine völlig andere Welt versetzt, es ging um neue Spieltechniken in der Avantgarde. JL, freischaffender Flötist aus Luzern und Lehrer an mehreren Musikschulen, war hierfür der richtige Spezialist. Obwohl genauso in der "klassischen" Flötenliteratur beheimatet (man denke u.a. an seine erste CD mit französischen Werken), gilt sein besonderes Interesse der Avantgarde. Seine gerade erschienene zweite CD ("Zeitgenössische Musik für Flöte Solo") bezeugt dies eindrücklich mit Musik von Schweizer Komponisten (auch von ihm selbst). Zur Einstimmung der Teilnehmer auf diese für viele doch ungewohnten Klänge führte JL ein Stück aus den Flying Lessons von Robert Dick vor - mit perfekten Multiphonics, diversen Klappengeräuschen, Zirkuläratmung etc. Die erste aktive Teilnehmerin dieses Workshops begann nun mit einer Eigenkomposition, bei der sie all diese Techniken anwendete und JL Hilfestellung gab zur besseren Realisierung mancher Effekte.Anschlieþend präsentierte sie "Density 21.5" von E. Varèse. Bei der Arbeit an diesem Stück konnte man JL`s pädagogisches Vorgehen gut beobachten: ruhig, freundschaftlich und kollegial im Umgang, penibel genau und mit strenger Akribie in der Sache. Er zeigte, wie eminent wichtig es ist, den Notentext so exakt wie möglich wiederzugeben. Schon die ersten paar Takte erfordern ein genaues Auszählen und nicht ein ungefähres Aushalten der Töne. Auch die dynamischen Angaben stehen mit gutem Grund in den Noten und müssen buchstabengetreu befolgt werden. (So z.B. die fff - Angabe in T.11: Für JL`s Empfinden spielte die Teilnehmerin nur ein f, und wie um zu zeigen, was aus einer Flöte alles herauszuholen ist, blies er einen Ton, der die Alte Kirche in ihren Grundfesten erzittern liess...) Im Anschluss spielte der einzig männliche aktive Teilnehmer "Les Dèlices de la Flute" von Peter Mieg, einem Schweizer Komponisten. Er trug das ansprechende Stück lebhaft und sehr musikalisch vor, was ihm ein Lob von JL eintrug. Hier war nun Gelegenheit zu zeigen, wie zentral immer wieder die Grundlagenarbeit ist. Tonleiterübungen und Ton-studien à la Moyse ( De la Sonorité! ) sind eben unverzichtbar und bilden die Basis jeglicher Arbeit am Stück. Auch wenn dies manchmal langweilig sein sollte - "Es hilft!", bekräftigte JL.Viele Zuhörerfragen drehten sich um die Zirkuläratmung, zu deren Erlernen (mit der nötigen Disziplin sei dies durchaus zu schaffen!) JL einige gute Tipps geben konnte.

 

Für den "aktiven" Teil dieses Tages und auch der evtl. folgenden Events bleibt es wichtig, festzustellen, dass es sich hier nicht um Meisterkurse handeln soll (obwohl durchaus Meisterliches zu hören war), sondern dass auch ambitionierte Amateure, Lehrer, Studiums-"Anfänger", eben nicht unbedingt nur die potentiellen "Wettbewerbs-gewinner" zum Zuge kommen sollen.

 

Als Dritter im Bunde stellte Stefan Keller (SK), der ebenfalls als freischaffender Flötist und Lehrer im Raum Zürich arbeitet, seine "Electric Flute" vor. ( Vielen der Leser sicher nicht unbekannt.) Er gab uns eine erstaunliche Vorstellung dessen, was mit einer Flöte ( und elektro-nischer Unterstützung ) alles möglich ist. Mit seinem Prinzip des "live sampling" ( was etwa soviel heisst wie: alles, was erklingt, entsteht jetzt gerade auf der Bühne, ohne dazugemischte Vorab-Aufnahmen. Er spielt live, nimmt sich selbst auf und fügt immer neue Elemente hinzu, die ihrerseits wieder aufgenommen werden) versteht er es, alle Geräusche, die eine Flöte von sich geben kann, zu verwenden und so die verschiedensten Klänge zur Verfügung zu haben. Mit einer immensen Spielfreude und ansteckender innovatorischer Energie führte SK seinem Publikum die Ergebnisse vor, und der Schalk blitzt ihm aus den Augen, wenn er erzählt, dass er ja eigentlich Schlagzeuger werden wollte, oder Bassist, sich aber dann für die Flöte entschieden habe, weil er da alles gleichzeitig spielen könne... In der Tat, wenn er den Resonanzraum z.B. der Kontrabassflöte mit Mikrophonen bestückt, die Klappen wie ein Drummer betätigt, die geblasenen Töne elektronisch manipuliert und alles "live - sampelt", glaubt man nicht, nur eine Person vor sich zu sehen. Dies erfordert höchste Konzentration, denn das Bedienen der diversen Schalter mit den Füssen ist so, als ob man ein völlig neues Instrument dazulernen und - spielen muss.

Stefan Keller

 

Christoph Gurtner

Als letztes folgte der Vortrag von Christoph Gurtner mit Tipps und Hinweisen zum optimalen Funktionieren der Flöte - ohne dies kein optimales Spiel. Die vielen Zuhörerfragen bewiesen lebhaftes Interesse an diesem Themenkreis, konnten aber mangels Zeit nicht erschöpfend behandelt werden.

 

 

Nach einem gemeinsamen Abendessen im benachbarten Künstlerhaus kam als Finale das Konzert der drei Workshop - Referenten. Alfred Rutz spielte von M. Marais "Les Folies d'Espagne", die a-moll Partita von Bach, die Solosonate von Ch.P.E. Bach und "Pièce pour flute seule". Die schnellen Sätze nahm er in rasantem Tempo - wieder mal einer, der keine schweren Stellen kennt! - und bei den langsamen bewies er die von ihm so geforderte "Sicherheit im Geschmack". Auch ohne das spezifische Timbre einer Traversflöte kann man barocke und empfindsame Musik mit den nötigen Affekten versehen, Licht und Schatten angemessen verteilen.

Jonas Lindenmann blies ein reines Avantgarde - Programm. Robert Dick machte den Anfang, gefolgt von einer Komposition JL`s: "Circles Around C Sharp". Hier zeigte Lindenmann seine perfekte Beherrschung aller Ausdrucksmittel: Multiphonics, Flageoletts, Zirkuläratmung, Whistletones ( sogar ziemlich laute! ), die unmerklich in andere Mehrklänge übergehen, Singen und Spielen gleichzeitig, Vierteltonglissandi etc. Nach "Nut" von Caspar Diethelm folgten zwei Uraufführungen von Schweizer Komponisten: "Im Steinbruch" von Hans Zellweger und "Fussspur" von Alfred Felder (der auch anwesend war). Hier wurde den Zuhörern eine beeindruckende Vorstellung der Klang- und Ideenwelt vermittelt, in der sich Komponisten heute aufhalten.

Zum Abschluss bot Stefan Keller nochmals sein gesamtes Equipment auf und spielte Stücke mit Namen wie: "Nr. 29 lebt!" oder "Eine ART Wassermusik" - eine Stelle nannte er einfach "Im Zoo"... Derart inspiriert gab man sich entspannt und genussvoll lauschend den mitreissenden Klängen hin.

Viel Applaus und Blumen gab`s für alle drei und für Elisabeth Kindt, Flötistin und Mitglied mehrerer Ensembles, die diesmal (noch) nicht musikalisch in Erscheinung trat, sondern für die perfekte Organisation verantwortlich war. Einhellig herrschte die Meinung, dass dies ein gelungener Auftakt dieser Veranstaltungsreihe war. ( Soviel zum Thema "Gelingen" - siehe Grass - Zitat! )

Die parallel verlaufende Instrumenten- und Notenausstellung der Firmen Gurtner, Jecklin und Kossack kam leider etwas zu kurz, da der Zeitrahmen straff gespannt war und man die Workshops nicht verpassen wollte. Vielleicht kann man da beim nächsten Mal nachbessern!

Dieses "nächste Mal" steht auch schon fest: Am 28. 10. 2000 wird das 2. Flötenevent der New Flute Generation mit dem Hauptthema "Flötenpädagogik" in Boswil stattfinden. Als Gastdozenten werden Elisabeth Weinzierl und Edmund Wächter aus München erwartet. Man darf gespannt sein.

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